Verlängerungsmöglichkeiten im BAföG
Verzögerungen im Studium
Das Flexibilitätssemester
Was ist das Flexibilitätssemester?
Ohne besonderen Grund kann über die Förderungshöchstdauer hinaus für sechs weitere Monate BAföG gewährt werden, Grundlage ist § 15 Abs. 4 BAföG.
Das Flexibilitätssemester kann entweder im Bachelor oder im Master oder im Staatsexamen beantragt werden. Es kann jedoch nicht zur Verschiebung des Leistungsnachweises nach dem 4. Semester genutzt werden.
Das Semester wird nicht automatisch gewährt, sondern muss explizit beantragt werden.
Es muss direkt im Anschluss an die reguläre Förderung beantragt werden, d.h. in dem Monat, der an den letzten Fördermonat anschließt. Insbesondere bei Bewilligungszeiträumen, die mitten im laufenden Semester enden, ist darauf zu achten. Auch wenn es Flexibilitätssemester genannt wird, beginnt die tatsächliche Förderung nicht erst mit dem nächsten Semester, sondern mit dem nächsten Monat nach Ende der regulären Förderung.
Reguläre Förderung
Die reguläre Förderung umfasst:
- Die Regelstudienzeit (inklusive der Sanktionssemester aufgrund mehrfacher Wechsel).
- Die Verlängerung aufgrund von Verzögerungen gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 3 BAföG, in denen BAföG zu 50% als Zuschuss und zu 50% als zinsloses Darlehen ausgezahlt wird.
- Die Verlängerung aufgrund von Verzögerungen gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG, in der BAföG als Vollzuschuss gewährt wird.
Die reguläre Förderung umfasst nicht:
- Die Verlängerung aufgrund des erstmaligen Nichtbestehens einer Abschlussprüfung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG.
- Die Hilfe zum Studienabschluss gemäß § 15 Abs. 5 BAföG.
Voraussetzungen
Der Ausbildungsabschnitt darf noch nicht abgeschlossen sein, d.h. es müssen noch Leistungen offen sein. Hierunter fallen nicht die Verbesserungsversuche!
Darüber hinaus kann das Flexibilitätssemester nur an eine reale Förderfähigkeit angeschlossen werden.
Zur Veranschaulichung ein paar Fallkonstellationen:
- Janna studiert den Bachelor "Health Communication", einen 6-semestrigen Bachelor. Sie hat die ersten vier Semester BAföG bezogen und auch den Leistungsnachweis erbracht, dann aber im 5. und 6. Semester auf BAföG verzichtet, weil sie einen gut bezahlten Nebenjob gefunden hat. Sie möchte jetzt für die Bachelorarbeit ihre Arbeitsstunden reduzieren und sich im 7. Semester wieder durch BAföG finanzieren.
Sie kann durch das Flexibilitätssemester gefördert werden, da sie den Leistungsnachweis geschafft hat und das Flexibilitätssemester jetzt direkt an die Förderungshöchstdauer anschließt. - Kim studiert den Bachelor "Molekularbiologie", einen 6-semestrigen Bachelor. Sie hat sich neun Semester lang durch einen Nebenjob selber finanziert, der jetzt zum Ende des 9. Semesters endet. Sie hätte bei Bezug von BAföG den Leistungsnachweis am Ende des 4. Semesters nicht geschafft, kann aber gesundheitliche Gründe vorbringen, durch die sie zwei Semester mehr Zeit bekommen hätte, und ein weiteres Semester mehr Zeit nach dem 8. Semester. Kim beantragt also für das 10. Semester BAföG nach § 15 Abs. 4 BAföG (Flexibilitätssemester).
Sie kann das Flexibilitätssemester nicht bekommen, da hierfür weitere Anträge für eine hypothetische Verlängerung geprüft werden müssten, damit Kim weiter in der Förderung gewesen wäre und das Flexibilitätssemester jetzt direkt an eine hypothetische Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus anschließen würde. - Grayson studiert den Bachelor "Soziologie", einen 6-semestrigen Bachelor. Er hat sich sechs Semester lang durch einen Nebenjob selber finanziert, muss diesen aber im Verlauf des 7. Semesters aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Er hätte den Leistungsnachweis nach dem 4. Semester geschafft, hat dann aber gesundheitliche Probleme entwickelt, die sein Studium verzögert haben. Diese bringt er jetzt vor, um die letzten Monate des 7. Semesters Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG (schwerwiegender Grund) zu erhalten. Dies wird ihm vom BAföG-Amt bewilligt und er bekommt ein paar Monate lang BAföG.
Er kann im Anschluss für das 8. Semester das Flexibilitätssemester in Anspruch nehmen, da dieses an eine reale Förderung anknüpft ohne dass eine hypothetische Förderung in der Vergangenheit durch Sonderanträge geprüft werden muss.
Höhe
Das BAföG im Flexibilitätssemester wird wie bei regulären Fördersemestern berechnet und ausgezahlt, zu 50% als Zuschuss und zu 50% als zinsloses Darlehen.
Der Darlehensanteil ist Teil des normalen Darlehens des BAföG und fällt damit ebenfalls unter die 10.010 €/77 Raten Kappungsgrenze bei der Rückzahlung.
Wie wird das Flexibilitätssemester beantragt?
Der Antrag wird wie ein normaler Folgeantrag gestellt.
Darüber hinaus kann entweder eine kurze Erklärung abgegeben werden:
"Ich nehme von meinem Anspruch auf ein Flexibilitätssemester Gebrauch und beantrage Weiterförderung für ein Semester nach § 15 Abs. 4 BAföG.
Ort, Datum
Unterschrift"
Alternativ kann auch das Formblatt 10 genutzt werden.
Auszufüllen sind dabei nur die Zeilen 1, 2, 3, 20, 23. Der Rest kann freigelassen werden. Ihr braucht keine Bescheinigung der Prüfungsstelle/Bestätigung der Ausbildungsstätte (Zeilen 24-39); diese ist nur relevant für die Hilfe zum Studienabschluss.