Am 13. Juni 2024 wurde das 29. BAföGÄndG (BAföG-Änderungsgesetz) verabschiedet und am 24. Juli 2024 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Mit diesem Änderungsgesetz kommt zum Wintersemester 2024/25 auch das vorab schon angepriesene Flexibilitätssemester.
Was ist das Flexibilitätssemester?
Ohne besonderen Grund kann über die Förderungshöchstdauer hinaus für sechs weitere Monate BAföG gewährt werden, Grundlage ist § 15 Abs. 4 BAföG.
Das Flexibilitätssemester kann entweder im Bachelor oder im Master oder im Staatsexamen beantragt werden. Es kann jedoch nicht zur Verschiebung des Leistungsnachweises nach dem 4. Semester genutzt werden.
Das Semester wird nicht automatisch gewährt, sondern muss explizit beantragt werden.
Es muss direkt im Anschluss an die reguläre Förderung beantragt werden, d.h. in dem Monat, der an den letzten Fördermonat anschließt. Insbesondere bei Bewilligungszeiträumen, die mitten im laufenden Semester enden, ist darauf zu achten. Auch wenn es Flexibilitätssemester genannt wird, beginnt die tatsächliche Förderung nicht erst mit dem nächsten Semester, sondern mit dem nächsten Monat nach Ende der regulären Förderung.
Antragstellung
Das ganz alte Antragsverfahren
Wir empfehlen derzeit, erst einmal einen ganz normalen Folgeantrag zu stellen und eine kurze eigene Erklärung anzuhängen.
„Ich nehme von meinem Anspruch auf ein Flexibilitätssemester Gebrauch und beantrage Weiterförderung für ein Semester nach § 15 Abs. 4 BAföG.
Ort, Datum
Unterschrift, Fördernummer“
Das alte Antragsverfahren
Das BAföG-Amt Bielefeld hat jetzt ein eigenes Formblatt entwickelt, welches ihr stattdessen ausfüllen und mitschicken solltet.
Das aktuelle Antragsverfahren
Ihr könnt weiterhin die eigene Erklärung oder auch das Formblatt des BAföG-Amts nutzen. Es gibt jetzt aber auch ein neues Formblatt (Formblatt 10), welches zusätzlich zum Folgeantrag mit eingereicht werden kann, um das Flexibilitätssemester zu beantragen.
Dazu füllt ihr die Zeilen 1-3, 20 (Punkt B, Beantragung des Flexibilitätssemesters) und 23 aus. Der Rest kann freigelassen werden. Ihr braucht keine Bescheinigung der Prüfungsstelle/Bestätigung der Ausbildungsstätte (Zeilen 24-39); diese ist nur relevant für die Hilfe zum Studienabschluss.
Voraussetzungen
Es muss direkt im Anschluss an eine reguläre, reale Förderung beantragt werden.
Die reguläre Förderung umfasst:
- Die Regelstudienzeit (inklusive der Sanktionssemester aufgrund mehrfacher Wechsel).
- Die Verlängerung aufgrund von Verzögerungen gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 3 BAföG, in denen BAföG zu 50% als Zuschuss und zu 50% als zinsloses Darlehen ausgezahlt wird.
- Die Verlängerung aufgrund von Verzögerungen gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG, in der BAföG als Vollzuschuss gewährt wird.
Die reguläre Förderung umfasst nicht:
- Die Verlängerung aufgrund des erstmaligen Nichtbestehens einer Abschlussprüfung
gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG. - Die Hilfe zum Studienabschluss gemäß § 15 Abs. 5 BAföG (ehemals § 15 Abs. 3a
BAföG).
Es gelten die allgemeinen Regeln des BAföG:
- Der Ausbildungsabschnitt darf noch nicht abgeschlossen sein, d.h. es müssen noch Leistungen offen sein. Hierunter fallen nicht die Verbesserungsversuche!
- Wer vorher bereits aus dem BAföG rausgefallen ist, insbesondere wer den Leistungsnachweis (auch nach Bewilligung einer späteren Vorlage aufgrund von anerkannten Verzögerungen) nicht positiv erbracht hat, kann das Flexibilitätssemester nicht in Anspruch nehmen.
Darüber hinaus kann das Flexibilitätssemester nur an eine reale Förderfähigkeit angeschlossen werden.
Zur Veranschaulichung ein paar Fallkonstellationen
- Janna studiert den Bachelor „Health Communication“, einen 6-semestrigen Bachelor. Sie hat die ersten vier Semester BAföG bezogen und auch den Leistungsnachweis erbracht, dann aber im 5. und 6. Semester auf BAföG verzichtet, weil sie einen gut bezahlten Nebenjob gefunden hat. Sie möchte jetzt für die Bachelorarbeit ihre Arbeitsstunden reduzieren und sich im 7. Semester wieder durch BAföG finanzieren.
Sie kann durch das Flexibilitätssemester gefördert werden, da sie den Leistungsnachweis geschafft hat und das Flexibilitätssemester jetzt direkt an die Förderungshöchstdauer anschließt. - Kim studiert den Bachelor „Molekularbiologie“, einen 6-semestrigen Bachelor. Sie hat sich neun Semester lang durch einen Nebenjob selber finanziert, der jetzt zum Ende des 9. Semesters endet. Sie hätte bei Bezug von BAföG den Leistungsnachweis am Ende des 4. Semesters nicht geschafft, kann aber gesundheitliche Gründe vorbringen, durch die sie zwei Semester mehr Zeit bekommen hätte, und ein weiteres Semester mehr Zeit nach dem 8. Semester. Kim beantragt also für das 10. Semester BAföG nach § 15 Abs. 4 BAföG (Flexibilitätssemester).
Sie kann das Flexibilitätssemester nicht bekommen, da hierfür weitere Anträge für eine hypothetische Verlängerung geprüft werden müssten, damit Kim weiter in der Förderung gewesen wäre und das Flexibilitätssemester jetzt direkt an eine hypothetische Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus anschließen würde. - Grayson studiert den Bachelor „Soziologie“, einen 6-semestrigen Bachelor. Er hat sich sechs Semester lang durch einen Nebenjob selber finanziert, muss diesen aber im Verlauf des 7. Semesters aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Er hätte den Leistungsnachweis nach dem 4. Semester geschafft, hat dann aber gesundheitliche Probleme entwickelt, die sein Studium verzögert haben. Diese bringt er jetzt vor, um die letzten Monate des 7. Semesters Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG (schwerwiegender Grund) zu erhalten. Dies wird ihm vom BAföG-Amt bewilligt und er bekommt ein paar Monate lang BAföG als Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus.
Er kann im Anschluss für das 8. Semester das Flexibilitätssemester in Anspruch nehmen, da dieses an eine reale Förderung anknüpft ohne dass eine hypothetische Förderung in der Vergangenheit durch Sonderanträge geprüft werden muss.
Auch nach dem Flexibilitätssemester kann Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus aufgrund eines in § 15 Abs. 3 BAföG genannten Grundes beantragt werden.
Nach dem Flexibilitätssemester kann immer noch die Hilfe zum Studienabschluss in Anspruch genommen werden. Grundlage ist § 15 Abs. 5 i. V. m. § 17 Abs. 3 BAföG.
Das BAföG im Flexibilitätssemester wird wie bei regulären Fördersemestern berechnet und ausgezahlt, zu 50% als Zuschuss und zu 50% als zinsloses Darlehen.
Stand 03/2025